Die Zeit rennt und es hat sich unheimlich viel bei uns getan.
Wir haben Sascha mit frisch gewarteten Motorrädern verlassen und sind wieder in die BAM eingestiegen. Mit dem Hintergedanke dass wir eventuell nach Taksimo zurück kehren müssen. Die Vitim River Brücke hat Anfang dieses Jahres eine Stütze verloren und gilt seitdem als unüberwindbar! Doch wir wollen beweisen, dass das nicht so ist und brechen daher zu neuen Taten auf. Lange 70km oder so später standen wir vor ihr. Wir hatten auf der Anfahrt sehr viele mehr oder weniger schwere Brücken überquert oder Bach und Flussdurchfahrten gemeistert. Doch diese Bauwerk ist anders, mit ihren 570 Metern Länge und das alles ohne schützendes Geländer und dann noch in einem sehr baufälligem Zustand! Das wird was werden!!!!
Vor Respekt oder Angst wie auch immer man es nennen will sind wir erstmal ohne Motorräder und Gepäck über diese ehemalige Eisenbahnbrücke balanciert. Das war so eine Aktion sage ich euch, beim Laufen hat es mir schon keinen Spaß gemacht, doch jetzt mit den Bikes?
Wir berieten uns beide nochmals und werteten diese Aktion ab. doch klar war, das es Sinnfrei ist über diese Brücke zu fahren und sich dabei in Lebensgefahr zu bringen. Daher legten wir einen Teil des Gepäcks ab und schoben beide KTM 690 RallyeEnduros über die VITIM River Bridge. Mit großer Wahrscheinlichkeit waren wir die ersten Biker nach dem Einsturz der Stütze! Doch weiter empfehlen können wir diese Aktion nicht!!!!!
Was danach alles kam, an Flussdurchfahrten, desolaten Brücken und Eisenbahnbrücken war eigentlich nicht weniger gefährlich! Wir mussten auf dem Weg nach Tynda durch Kuanda, Chara. Und dieser Teil der BAM war also nicht weniger abenteuerlich.
Nach der Vitim River Brücke dürften wir noch den Kuanda River überqueren, da hier keine Brücke und nichts Anderes vorhanden war ging es nur mit Hilfe eines KAMAZ Trucks. Der Fahrer ist bei den Insidern bekannt! Geile Angelegenheit sag ich euch! Kurz drauf hat sich Jörgs Hinterradreifen sammt Mousse komplett zerlegt und wurde gegen einen neuen Satz getauscht. Auf dieser Etappe hatten wir uns auch eine ganze Stunde unter einer Eisenbahnbrücke vor dem sturzbachartigem Regen versteckt. Da wir das Etappenziel total verfehlt hatten mussten wir mitten im Wald Zelte. Als Schutz hatten wir uns ein großes Feuer gemacht.
Fahrtag neun, wir starteten von unserm Zeltcamp aus in den Bergen Richtung Yuktali, doch diese Stadt konnten wir ebenfalls nicht rechtzeitig erreichen, auf der Strecke waren fast alle Brücken zerfallen oder nicht mehr an ihrem Platz! Dazu kam noch heftiger Regen, nach mehreren Eisenbahnbrücken und einigen Kilometern am Gleis entlang schliefen wir in einer Eisenbahnerhütte – Baracke direkt am Gleis.
Der nächste Fahrtag kam uns noch erfolgloser vor. Wir hatten aufgrund des hohen Wasserstandes mehr als 20 der Eisenbahnbrücke überquert, davon war die längste über 500 Meter lang, lass da mal einen Zug kommen dachte ich mir. In Yuktali nahm uns ein Einheimischer an, der uns gleich eine ganze Wohnung samt Ausstattung vermietete. Er sorgte auch dafür, dass wir wieder Kraftstoff erhielten, DANKE an Alex!
Am nächsten Morgen gegen 7:00 Uhr mit Sprit und Lebensmitteln ausgestattet starteten wir mit unseren Bikes nach Tynda. Der Regen erschwerte uns die Anreise sehr. An meiner KTM löste sich nun der Hinterreifen auf. Ein neuer Reifen und ein Mousse wurde in Mitten der Einsamkeit montiert. Wir meisterten wieder einige Eisenbahnbrücke, in dieser Disziplin waren wir ja jetzt bereits Profis und die Bahnsignale konnten wir jetzt auch deuten. In Tynda waren wir wieder völlig auf die Hilfe der Einheimischen angewiesen, zwei von drei Hotels waren voll und in dem einem durften wir uns ein Zimmer mit zwei weiteren Hotelgästen teilen.
Nach einer erholsamen Nacht trafen wir Slava, der uns mit neuen Reifen besorgte und uns einige Tipps gab. Wir starteten erstmals in Richtung Norden auf der ROB Road of Bones Richtung Sibirian Old Summer Road. Auf einem Aussichtspunkt trafen wir eine Frau mit zwei Kindern, die seit über 12 Tagen von Moskau in Richtung Yaktukz unterwegs ist. Wir erzählten ihr von unserem Vorhaben, sie war bestimmt die hundertste die uns vor dem Trip nach Magadan gewarnt hat. Dort regnete es schon seit mehr als einer Woche und unter diesen Bedingungen ist die Old Summer Road erst nach mehreren regenfreien Tagen befahrbar. Nach einigen Minuten Bedenkzeit und kurzen Gesprächen kam die Wende. Magadan nicht zu erreichen oder über einen großen Highway anzufahren war keine Option. Unser Leben zu riskieren auch nicht. Die Gefahren waren für uns einfach nicht einschätzbar und riskiert hatten wir die letzten beiden Wochen eh zu viel.
Der Plan B war die Heimreise und das auf Achse. Wir drehten ab in südlicher Richtung, nach China. Zirka 80 km vor China fanden wir ein tolles Hotel in Skovorodino dort trafen wir AKIO, der seine Weltreise von Tokio nach Portugal macht (Respekt).
Am darauf folgenden Morgen fuhren wir ein paar Kilometer gemeinsam mit unserem neuen japanischen Freund, gegen Mittag gingen wir wieder in unserer Racetempo über, beinahe wären wir diesem Tag wegen Spritmangel liegen geblieben. Beide ereichten wir auf dem letzten Tropfen die Tankstelle. Wer hätte gedacht dass es hier über 450 km keinen Kraftstoff zu erwerben gibt. Das Hotel das wir am Abend nahmen lag direkt an der Hauptverkehrsstraßen bei Chernyshevsk und hier sah es wieder wie in der Mongolei aus. Auf diesem Weg hatte ich meinen ersten richtigen technischen Defekt. Der Gasdrehgriff war defekt und das elektronische Gas ging nicht mehr. Absolut unfahrbar! Ein Glück das Ersatz zu Hand war. Auf der Weiterfahrt nach Chita hatte ich wieder eine Reifenpanne. Ein Eisen zerriss meinen Reifen und zerschlug den Spritzschutz. Wieder war einiges an Zeit durch die Reparatur kaputt gegangenen. In Chita haben wir dank einer Jungen Dame, die ein Geschäft in der Innenstadt leitet Ersatz besorgen können. Elena hat ihren ganzen Nachmittag für uns geopfert, wir sind wahnsinnig viele Geschäfte angesteuert ohne dort fündig zu werden. Nach dem wir dann versorgt waren lieferte sie uns beim örtlichen BIKECLUB im BIKEHOUSE bei Wovka ab. Dort hatten wir die Möglichkeit unsere Ersatzreifen und Schläuche zu montieren und konnten noch einen kleinen Service mit Ölwechsel machen.
Am Morgen um 6:00 brachen wir nach Ulan-Ude auf. Die ersten Kilometern waren schon anstrengend, doch als sich dann Jörgs Hinterreifen noch auflöste waren wirklich komplett demotiviert. In Ulan-Ude, nach einer halben Weltreise mit 60km angekommen konnte ich mich wieder einmal mit den Locals rumschlagen. Fündig wurde ich in einem Supermarkt wo es einen Ural-Hinterradreifen mit 18“ gab. Den haben wir dann gleich auf dem Parkplatz montiert. Mit dem neuen Reifen schlugen wir uns noch bis Babushkin durch. Heute waren es 965 km, was für ein Tag.
Gleich morgens, ganz früh ging es in Windeseile nach Irkutsk. Hierzu hatten wir die Koordinaten von Walter Colebatch SibirskyExtrem für ein örtliches Motorradgeschäft erhalten. Die Anreise war leicht, nur das Stadtgedränge sehr nervend und gefährlich. Am Motorradshop angekommen war es wie Weihnachten, eine total große Auswahl an Motorradreifen. Wir schlugen gleich zu und Montierten um die Ecke in einem Hof. Postwendend ging es dann raus aus der Großstadt. Geschlafen haben wir dann Sima in eine kleinen Hotel an der Hauptstraße.
Wieder sehr früh am Tag fuhren wir bis Krasnoyarsk, alles auf der M53, ohne besondere Vorkommnisse. Die ersten 7000 km haben wir schon voll und 7500km bis in die Heimat liegen noch vor uns! Kurz nach Krasnoyarsk konnten wir wieder in einem kleinen Hotel direkt am Highway unter kommen.